Mein Kampf

Farce von George Tabori
(Deutsch von Ursula Grützmacher-Tabori)

Eine große Farce über einen grotesken Diktator verfasste George Tabori 1987 mit „Mein Kampf“.
Aberwitzig inszenierte Ute Weiherer in ihrer letzten Regie die Jugendjahre Adolf Hitlers als Komödienfigur, dessen kurioser Größenwahn ihn erneut ins Kulturforum bringt. „[E]in facettenreiches Täter-Opfer-Spiel, untermalt von Wiener-Walzer-Träumereien“, befinden die Fürther Nachrichten die Freundschaft zwischen Hitler und zwei Juden in einem Wiener Asylheim. In „Mein Kampf“ verdeutlichte Tabori, wie schauderhaft-schnell sich kulturelle Beziehungen entwickeln können – mit verheerenden Folgen für die Weltgeschichte

Das Stück spielt 1910 in einem Männerasyl in der Wiener Blutgasse. Der junge, untalentierte Zeichner Adolf Hitler kommt nach Wien, um Kunst zu studieren. Er trifft auf die Juden Schlomo Herzl und den Koch Lobkowitz, welcher sich für Gott hält. Herzl und Hitler freunden sich an.

Der kluge Buchhändler Schlomo Herzl arbeitet an einem Roman, der den Arbeitstitel “Mein Kampf“ trägt. Als Hitler vom Aufnahmegremium der Wiener Kunstakademie abgelehnt wird, tröstet ihn
Herzl. Hitler erfahrt zum ersten Mal in seinem Leben so etwas wie Zuneigung. Herzls Fürsorge für den traurigen Mann, der nie in seinem Leben geweint hat, geht sogar so weit, dass er ihn zu einer neuen Karriere führt, mit fatalen Folgen für die Weltgeschichte. Der Jude bereitet Hitler auf ein Leben als Politiker vor und überlasst ihm sogar den Titel seines Romans, damit Hitler ihn für seine politische Schrift verwenden kann. Schließlich verwandelt Herzl ihn auch äußerlich in den Adolf
Hitler, den die Geschichtsschreibung kennt.

Tabori klassifiziert sein Stück im Untertitel als „Farce“ und damit als ein satirisches, polemisches oder groteskes Stück, das menschliche Schwächen verspottet, Menschen in absurden Situationen zeigt und ihr Versagen vorführt. Menschliche Schwächen werden hier bei allen auftretenden Figuren vorgeführt, besonders aber in der Figur des Schlomo Herzl, der sich mütterlich um den in Wien gestrandeten Versager Hitler kümmert. Dass der Aufstieg Hitlers in einer Absteige beginnt, in der er von einem Juden angestachelt wird, in die Politik zu gehen, in deren Ziel er vor allem die Vernichtung des jüdischen Volkes sieht, ist absurd und grotesk – und bei aller Satire doch
erschreckend real.

Tabori ist mit seiner Farce das große Kunststück gelungen, den Täter und das Opfer miteinander zu versöhnen, indem sie gezeigt werden, bevor sie zu diesen wurden: Täter und Opfer als traumatische Einheit, die das Theater als Zeitmaschine möglich macht. „Schlomo und Hitler“,
betonte Tabori einmal, „sind Teile von einem Traum, eine Art directed dream. Sie besitzen ihre Autonomie und tauschen die Rollen. Man hat so viele Ichs in sich, so viele Figuren, es ist das große Welttheater, jedes Leben.“

Ich nenne „Mein Kampf“ einen Theologischen Schwank. …. Vielleicht ist die Angleichung von
Heiligkeit und Humor der große jüdische Beitrag zur Zivilisation, und jeder wirkliche Humor ist
schwarz.“ George Tabori

George Tabori wird am 24. Mai 1914 in Budapest als zweiter Sohn des Journalisten Kornel Tabori
und seiner Frau Elsa Tabori geboren.
1932 absolviert er ein Praktikum in einem Hotel in Berlin und erlebt dort Hitlers Auftritt am 30.
Januar 1933.
1934 emigriert Tabori von Budapest nach London. Er arbeitet als Übersetzer und Reiseleiter, ab
1940 als Auslands-Korrespondent britischer Zeitungen und Kriegsberichterstatter.
1941 erhält er die britische Staatsbürgerschaft.
1944 wird Taboris Vater wie zahlreiche weitere Verwandte Taboris in Budapest verhaftet,
deportiert und in Auschwitz ermordet. Taboris Mutter kann sich noch rechtzeitig in ein Versteck
retten und überlebt den Holocaust.
1945 veröffentlicht Tabori seinen ersten Roman, bis 1951 folgen drei weitere.
1947 übersiedelt Tabori nach Los Angeles, er verfasst nun Drehbücher, u.a. für Alfred Hitchcock.
1950 geht er nach New York, er lernt Lee Strasberg kennen und arbeitet zeitweilig in dessen
„Actors Studio“ mit.
1952 wird sein erstes Bühnenstück Flucht nach Agypten am Broadway uraufgeführt,
1966 gründet er die freie Theatergruppe The Strolling Players, in der er mit den bei Strasberg
erfahrenen psychologischen Schauspielmethoden arbeitet.
1968 kehrt Tabori erstmals nach Berlin zurück, er nimmt in Berlin auf Einladung Helene Weigels an
einer Tagung anlässlich von Brechts siebzigsten Geburtstag teil.
1969 inszeniert er in Berlin sein Stück Die Kannibalen, das Auschwitz und den Holocaust
thematisiert.
1971 übersiedelt er dauerhaft nach Deutschland bzw. Österreich.
1986 erscheint die Prosafassung von Mein Kampf, 1987 folgt dessen Uraufführung am
Akademietheater des Wiener Burgtheaters in einer Inszenierung Taboris. Mein Kampf wurde in der
politisch instabilen Zeit um die Waldheim-Affäre und Verstrickungen im Nationalsozialismus
uraufgeführt.
In den 1990er Jahren lasst sich Tabori in Wien nieder und arbeitet am Burgtheater.
Ab 1999 inszeniert Tabori am Berliner Ensemble und verlasst Wien.
2007 stirbt er im Alter von 93 Jahren in Berlin.
Tabori wurde u.a. mit dem Mülheimer Dramatikerpreis (1983 und 1990), dem Peter-Weiss-Preis
(1991) und dem Georg-Büchner-Preis (1992) ausgezeichnet.

Ensemble:

Schlomo Herzl: Uwe Weiherer

Schlomo Herzl: Uwe Weiherer

Lobkowitz/Himmlisch: Frank Strobelt

Lobkowitz/Himmlisch: Frank Strobelt

Hitler: Karsten Kunde

Hitler: Karsten Kunde

Gretchen/Frau Tod und Mizzi (das Huhn): Rike Frohberger

Gretchen/Frau Tod: Rike Frohberger

Regie/Dramaturgie: Ute Weiherer

Regie/Dramaturgie: Ute Weiherer

Regieassistenz: Alexandra Krug
Bühne / Beleuchtung / Technische Produktionsleitung: Christian van Look
Multi Media: Martin Würflein
Maske: Nicole Zürner / Isabel Kowol
Requisite: Ute Weiherer / Alexandra Krug
Tontechnik: Frank Zeidler
Technische Leitung Stadttheater Fürth: Heino Gehbauer
Produktion: Fürther Bagaasch-Ensemblebühne in Kooperation mit dem Stadttheater Fürth
Aufführungsrechte: Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs-GmbH

Trailer

Video: Stadttheater Fürth / StadttheaterTV